Brunokommt

Am 5.11. zu Gast:

Brunos Freunde begannen im Sommer 08 mit der Realisierung einer Versuchsanordnung. Der Protagonist aus Martin Heckmann's Stück "Ein Mann kommt zur Welt" soll auf unbestimmte Zeit erweckt und in der Hildesheimer Wirklichkeit gelebt werden. Unter www.brunolebt.de kann man sich eine Vorstellung davon verschaffen, was es bedeutet, ihn nicht nur im öffentlichen, sondern auch im virtuellen Raum lebendig werden zu lassen.

Das Besondere: Man muss nicht dabei gewesen sein, um dabei zu sein. Bruno lebt, auch ohne feste Aufführungszeiten. Man kann sein Leben dokumentiert bei Youtube verfolgen, ihm einen StudiVZ- oder Facebookeintrag hinterlassen, oder direkt eine Mail schreiben.

Aufführungstermine fanden und finden statt.

Brunokommt hab ich schon gesehen, bevor ich es eigentlich gesehen hatte. Das Interessante: Man kann auch, ohne bei den Performances live anwesend zu sein, das ganze Projekt verfolgen; oder andersherum: Man kann nicht, nur indem man bei den Performances live anwesend ist, das ganze Projekt verfolgen. Denn Bruno lebt! und das auch im virtuellen Raum. Bruno ist schließlich echt und wenn ich ihm eine Nachricht bei STUDIVZ hinterlasse, dann added er mich und ich konnte ihm am 17.10. zum Geburtstag gratulieren! Vor allem Youtube läd den Zuschauer immer wieder ein, auf den neuesten Stand gebracht zu werden.

Aber hier zu meine ersten Eindruck der ersten Aktion, der ich live beiwohnen durfte:

Ich habe es genossen, schon in der Bahnhofshalle Ausschau nach MITmachern zu halten, plötzlich war nahezu jeder Passant potentieller Mitperformer für mich. Mein Blick auf den öffentlichen Raum "Bahnhofsvorhalle" hat sich ausgedehnt. Plötzlich sah ich seltsame Menschen an und ihr Gang, ihre "Kostümierung", was sie sagten, wirkte theatral auf mich. Das führte so weit, dass ich Brunos Freundin "Suse" vorerst gar nicht wahrnahm. Natürlich folgte ich ihr dann aber zum "Picknick" auf die Friedhofswiese. Und war verblüfft, wie spannend Nichtssagen sein kann! Und jede Schweigepause wurde nur von einem einzigen Satz unterbrochen - und doch! fühlte ich mich informiert. Ich wusste, was los war, ich wusste, wir suchen Bruno und wir wollen nachfühlen, was bei Brunos und Suses erstem Treffen passierte und dass das schön war und vielleicht auch romantisch und wie das ist, wenn man sich mag und wenn man gemeinsam Bier trinkt, aber nichts sagen kann.

Schön auch das verwirrte Gefühl, das einer hinterlässt, der nicht auftaucht. Wie dieser nichtkommende Bruno uns wie Godot auf die Folter spannt und wir dennoch die Hoffnung nicht verlieren, irgendwann tauche er auf. Denn schließlich hinterlässt er überall Spuren. Ganz toll auch die Liebeszeilen auf Papier im dunklen Gässchen! Ich habe versehentlich eine Mail von Bruno an Suse vom Band gerissen. Auch war ich so frech, diese mit nach Hause zu nehmen - tatsächlich aber, und das ist kein Scherz - habe ich an einigen Textstellen das Gefühl, Bruno zitiere meine eigenen Gedanken. Die Neugier, ihn endlich kennenzulernen, kann ich kaum mehr verbergen. Ich freue mich unbedingt auf weitere Aktionen!